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03.09.2024
#Pressekonferenz #Petition

„An der Freien Kunst zu sparen, kostet zu viel.“

Künstler*innen und Akteur*innen der Freien Szene appellieren an die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

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Im Rahmen eines Pressegesprächs stellten heute Regisseur*in Heinrich Horwitz und zahlreiche Künstler*innen im HAU Hebbel am Ufer in Berlin eine Petition gegen die massiven Mittelkürzungen für den Bereich der freien darstellenden Künste im Entwurf des Bundeshaushalts 2025 vor. Der Kabinettsbeschluss sieht die komplette Streichung der Mittel für das Bündnis internationaler Produktionshäuser und Kürzungen um rund 50% beim Fonds Darstellende Künste, dem Musikfonds und den weiteren Bundeskulturfonds vor.

Die eindrucksvolle Liste der Unterstützer*innen (wie u.a. Sandra Hüller und Igor Levit) wird nach Abschluss der Laufzeit von sechs Wochen am 11. September an die Adresse der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt übersandt.

Live vor Ort sowie in Text- und Videonachrichten appellierten über 20 bundesweit und international agierende Künstler*innen in Statements dafür, den Entwurf zu korrigieren:

Heinrich Horwitz, Initiator*in der Petition, eröffnete: „Die große Resonanz auf die Petition belegt das öffentliche Interesse, das die Freien Künste auch in der Breite der Gesellschaft erreicht; wie stark ihre bundesweiten und auch internationalen Wirkungen sind.
In einer Zeit, in der Diversität und Gleichstellung von Personen mit Marginalisierungs-erfahrungen, Intersektionalität und Gemeinschaftsbildung in den Fokus von Medien, Gesellschaft und Kultur rücken, erleben wir gleichzeitig einen starken Backlash, Gewalt und Retraumatisierung. Wir brauche die Freien Künste, um an einer zukunftsweisenden heterogenen Gesellschaftsbildung arbeiten zu können, um unhörbare Stimmen zu verstärken, Schutzräume zu schaffen, Sichtbarkeit zu erzeugen und um Diskriminierung entgegenzuwirken.“

„Es ist schwer zu begreifen, warum gerade jetzt, warum gerade in einer Zeit wachsender antidemokratischer Kräfte diese Entscheidung getroffen wird. Mit Kahlschlag in der Kultur kennen wir uns aus: 2011/12 waren wir Zeug*innen, wie die rechtsliberale niederländische Regierung ein Fördersystem geschreddert hat, das weltweit als besonders progressiv angesehen wurde. Diese Erfahrung hat gelehrt, dass die Rechtspopulist*innen gar nicht mit in der Regierung sitzen müssen, um Regierungshandeln massiv zu beeinflussen. Wer jetzt bei der Kunst spart, schwächt die Demokratie,“ kontextualisierte Alexander Karschnia von andcompany&Co. die politische Dimension der Entscheidung.

Nikolaus Müller-Schöll, Professor für Theaterwissenschaft am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt/M fasste zusammen: „Und hier genau müsste eine vorausschauende Kulturpolitik die große Bedeutung und die zentrale Funktion der Förderung sehen, die jetzt gestrichen wurde: Was hier eingespart werden soll, ist das Versuchslaboratorium dieser Theater- und Orchesterlandschaft, ihre Zukunftswerkstatt. Nirgendwo sonst wird so konsequent an der Internationalisierung gearbeitet, am Einbezug bislang unterrepräsentierter Gruppen, an der Ausrichtung an den Maximen von Nachhaltigkeit, Inklusion und Teilhabe wie in den Produktionshäusern, nirgendwo kommen die Mittel so direkt bei denjenigen an, die die kreative Produktivkraft des ganzen Systems sind, bei den Künstler*innen, wie in der freien Kunstförderung.“
Auch der Politik wurde Raum gegeben; so ergriff Helge Lindh, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, die Gelegenheit, der Initiative seine Unterstützung zuzusichern.

Weitere Beiträge kamen von Godehard Giese, She She Pop, Gob Squad, Eisa Jocson, Ariel Efraim Ashbel, Mable Preach, Mateja Meded, Florentina Holzinger, Christoph Marthaler, Damian Rebgetz, Kat Válastur, Cymin Samawatie, Caspar Weimann, Sibylle Peters, Milo Rau und Joana Tischkau.

Die Initiator*innen und Unterstützer*innen dieser Petition werden mit weiteren Initiativen und künstlerischen Aktionen auf eine Korrektur der Haushaltsaufstellung drängen und erwarten von Parlament und Regierungsparteien eine deutliche Stärkung für die Freien Künste, wie im Koalitionsvertrag vereinbart.

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