Im Rahmen von TIKTOK – Virales Theater

25.10. – 27.10.2024

Ist TikTok eine Bühne? Was kann Theater von TikTok lernen? Was haben Online-Communities und Theaterpublika gemeinsam? Wir laden ein zu einem Austausch mit Jugendlichen, Künstler*innen und Content-Creator*innen. Ein Wochenende lang dreht sich im FFT und im tanzhaus nrw alles um das reichweitenstärkste Soziale Medium der Gegenwart.

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ALLE REDEN ÜBER TIKTOK

Kurzvorträge und Gespräche Digitale Kultur Gespräche + Workshops

Auf TikTok tauschen sich Menschen aus, sie begegnen einander, beziehen sich aufeinander und zeigen, wie sie sind. Oder nicht? Vielleicht ist TikTok ein Medium der bewussten Selbstinszenierung, bei der jedes „ähm“ im Skript steht? Vielleicht wird auf TikTok Theater gespielt. Hier darf direkt mitgeredet werden. Hier entsteht Kunst, Menschen können sagen, was sie denken – oder sagen, was die Figur, in deren Rolle sie schlüpfen, jetzt sagen sollte. TikTok öffnet einen Raum, in dem wir Gedanken, Bilder, Tänze und Meinungen kennen lernen können, auf die wir sonst nicht stoßen. TikTok ist eine Praxis, ein Netzwerk, ein Politikum.
Wie können wir uns außerhalb von TikTok versammeln und über TikTok sprechen? Wir wollen es mit euch ausprobieren! Wir treffen uns auf der großen Bühne im tanzhaus nrw. TikTok-Videos werden dabei sein, Menschen, die über TikTok nachdenken und Menschen, die auf TikTok nachdenken, die dort und woanders Kunst präsentieren, gemeinsam tanzen oder forschen. Und ihr! Mit euren Fragen, Ideen und Gedanken dazu.

Dieser Programmpunkt besteht aus zwei Teilen. Er beginnt auf der großen Bühne im tanzhaus nrw und endet im Foyer in kleinen Gesprächsgruppen. Erst präsentieren Martina Leeker, Brig Huezo, Ole Liebl und der Darb Attabana Jugendclub von Kampnagel ihre Gedanken. Dann reden sie miteinander und mit euch.

In ihrem Input entfaltet die Medienwissenschaftlerin Martina Leeker TikTok als Welttheater und markiert dabei Unterschiede zu tradierten Formen von Theater/Performance. Im Fokus steht das Herstellen von Authentizität, Wissen und Gemeinschaft. Sie skizziert die Bandbreite des virtuellen Welttheaters von sich gnadenlos in Shitstorms und Hate Speech bekämpfenden selbst ernannten Familien, über Performances sich selbst so bezeichnender „Krüppel“ bis hin zu hochphilosophischen Etüden über die Unbillen der Existenz. Diese Multiplizität macht das Welttheater in ungekannter Weise komplex und zugleich problematisch, sodass tradierte Spielformen von Theater und Performance schon fast wie ein wünschens- und erhaltenswerter Schutzraum erscheinen.

Wir liegen im Bett, stehen in der Küche, gehen spazieren oder machen uns im Bad fertig. Und sehen auf TikTok, wie Leute im Bett liegen, in der Küche stehen, spazieren oder sich im Bad fertigmachen. Durch die Ähnlichkeit und Nahbarkeit der Creator*innen entsteht eine eigentümliche Intimität mit den Zuschauer*innen. Wie viel Inszenierung und Projektion steckt dahinter? Wie verführerisch sind die sogenannten parasozialen Beziehungen auf TikTok? Welche Gemeinschaften entstehen dadurch?

Als post-digitale Tänzer*in nutzt Brig Huezo diese Plattform, um konventionelle Vorstellungen von Bewegung, Gender und Körperpolitik durch radikale und experimentelle Performances zu hinterfragen. Huezos Choreografien verbinden zeitgenössischen Tanz mit Performance-Kunst, Gaming und queerer Kultur. Sie erforschen Themen wie Identität, Verletzlichkeit und gesellschaftliche Normen. Durch den Einsatz nichtlinearer, improvisierter Bewegungen durchbricht Huezo traditionelle Vorstellungen von Ästhetik und regt zum Nachdenken über Körper und Identität an. TikTok verstärkt diese Wirkung, denn es ermöglicht Creator*innen, Schönheitsstandards und Sichtbarkeit durch ausdrucksstarke, virale Inhalte neu zu definieren. Es gibt marginalisierten Stimmen eine Plattform, um Normen zu hinterfragen und die Darstellung im digitalen Zeitalter neu zu gestalten.

Brig Huezo ist post-digitale Choreograf*in, Tänzer*in und Performer*in. They arbeitet an der Schnittstelle von Technologie, Gaming, 3D Design, Film und Fashion. Huezo studierte Zeitgenössischen Tanz an der Hochschule für Musik und Tanz Köln und erhielt dafür Unterstützung vom DAAD und anderen Stiftungen.

Von und mit

Konzeption & (Video-)Moderation: Klaas Werner (medienwerk.nrw) & Ale Bachlechner

Klaas Werner arbeitet als stellv. Leiter und Projektleiter beim Büro medienwerk.nrw. Er ist Mitglied des Performance-Kollektivs Anna Kpok, das performative Kunstwerke u.a. bei der Ruhrtriennale, dem Ringlokschuppen.Ruhr, dem Theater Dortmund und der Schaubude Berlin produziert und gezeigt hat. Als Medien-Dramaturg und Produktionsleiter arbeitete er für Mats Staub (CH), Bern Retour (CH) und in verschiedenen Positionen bei verschiedenen Festivals, z.B. Theaterformen Hannover/Braunschweig, Theater der Welt und favoriten Festival. Er studierte Theaterwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum.

Ale Bachlechner (*1984 in Brixlegg, Österreich) ist eine Künstlerin, die mit Performance und Video arbeitet und in Köln und Wien lebt. Sie beschäftigt sich mit Kommunikation und Affekt, Beziehungsformen und den Tücken des Neoliberalismus. Zentrale Aspekte ihrer Arbeit sind die Auseinandersetzung mit Theorie, Literatur, Text und Sprache sowie Körperlichkeit, Gender und Performance für die Kamera, d.h. die Inszenierung des Selbst in den Medien und im Alltag. Ihre Arbeiten variieren von Solostücken bis hin zur Arbeit mit einem Team aus mehreren Performern, Künstlern, Musikern und Technikern. Sie hat Komparatistik in Innsbruck und an der Kunsthochschule für Medien in Köln studiert. Ihre Monografie „I’m Sure Everybody’s Doing Their Best“ ist bei DISTANZ erschienen.

Credits

TIKTOK – Virales Theater ist Teil der Veranstaltungsreihe Kunst und Begegnungen. Kunst & Begegnungen – Eine Reihe des Bündnisses internationaler Produktionshäuser wird gefördert im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

In Kooperation mit dem Büro medienwerk.nrw

Aus dem Journal